Do, 18:25 Uhr
22.02.2024
Bad Langensalzas Hauhaltskrise wird zum Wahlkampfthema
Sonderstadtrat oder nicht, das ist die Frage
Während Bad Langensalzas Bürgermeister Matthias Reinz nach Bekanntwerden der massiven Steuerausfälle von über 1,5 Millionen Euro jährlich den städtischen Finanzhaushalt mit einer Vergabesperre absichern will, streben einige Stadträte eine Sondersitzung an, in der die Problematik der Haushaltssicherung erörtert werden und in eine Haushaltssperre münden soll…
Die Unterzeichner eines entsprechenden Antrags aus den Stadtratsfraktionen WIR/BLU, DIE LINKE und SPD/GRÜNE begründeten ihr Anliegen so: Es geht uns nicht darum Schuldige zu finden, Wahlkampf zu betreiben oder ähnliches, sondern einzig darum, dass uns unsere Stadt am Herzen liegt und wir Schaden von ihr abwenden wollen, wo wir können.
In einem gemeinsamen Presseauftritt forderten die Fraktionschefs aufgrund der prekären Haushaltslage der Stadt Bad Langensalza, die dringender Handlung bedarf einen vorläufigen Abschluss des Verwaltungshaushalts für 2023, in dessen Folge sie eine Haushaltssperre verhängen und eine Diskussion über die mögliche Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes anschieben möchten. Um diesen Maßnahmenplan Nachdruck zu verleihen, sollte Bürgermeister Matthias Reinz binnen 14 Tagen einen Sonderstadtrat für den vergangenen Montag einberufen.
Der aber verweigerte die Sitzung mit der Begründung, dass es noch keine belastbare Zahlen aus der Verwaltung gäbe, die als Diskussionsgrundlage dienen könnten. Der nächste Stadtrat sei für den 21. März geplant und vorher sähe das Stadtoberhaupt keinen Sinn in einer Haushaltsdiskussion. Reinz beruft sich in einem Schreiben an die Antragsteller auf den Paragraphen 80 der Thüringer Kommunalordnung, der in Absatz 2 regelt, dass die Jahresrechnung innerhalb von vier Monaten nach Abschluss des Haushaltsjahres aufzustellen und sodann dem Gemeinde- bzw. Stadtrat vorzulegen sei. Dieser Verpflichtung wolle der Bürgermeister nachkommen und führt dazu aus: Der vorgeschriebene Zeitraum ist verwaltungsseitig auch notwendig, um die Werte in aussagekräftiger Form bereitstellen zu können. Unter anderem sind alle offenen Forderungen zu prüfen und gegebenenfalls sind Bereinigungen zu buchen; alle offenen Verwahrungen zu prüfen, fehlende Belege anzufordern und Nach- sowie Korrekturbuchungen vorzunehmen. Mit anderen Worten: vor Ende April gibt es keine verlässliche Auskunft.
Die neue starke Stadtratsfraktion aus den Abgeordneten der Bürgerlisten WIR und BLU wittert in dieser Begründung einen Wahkampftrick des Bürgermeisters, zumal sie sich in einer möglichen Stadtratsabstimmung der Unterstützung der Fraktionen SPD/Grüne und Die Linke sicher sein kann und sich mit deutlicher Mehrheit durchsetzen wird. Alle vier Fraktionen gemeinsam wollen im Mai zur Bürgermeisterwahl den BLU-Chef Patrick Kosiol gern als Nachfolger von Matthias Reinz etablieren.
Während diese Seite dem Bürgermeister vorwirft, er wolle nur Zeit gewinnen, damit er im Wahlkampf vom Stadtparlament unkontrolliert Geschenke verteilen könne, fürchtet der Bürgermeister, dass ihm finanzielle Handschellen angelegt werden sollen und rechnet den Antragstellern vor, dass eine Stadtratssitzung summa summarum 3.600 Euro koste. Auch dies sind vermeidbare Kosten, die auf den Prüfstand zu stellen sind bei der Abwägung zwischen Sparsamkeit und der Notwendigkeit zur Einberufung von Sondersitzungen, schreibt Reinz in seiner Ablehnung.
Die Fraktionsvorsitzenden und ihre Unterstützer wollten das aber so nicht hinnehmen und reichten Beschwerde bei der Kommunalaufsicht gegen diese Entscheidung ein. Bis heute hatte die Stadtverwaltung nun Gelegenheit, eine Stellungnahme bei der im Landratsamt angesiedelten Behörde abzugeben. Die Beschwerdeführer hatten schon in ihrem Antrag zur Sondersitzung unmissverständlich formuliert: Ein Aufschub der Sitzung aus jedwedem Grund ist nicht hinnehmbar. In der Pressekonferenz am Montagabend wiederholten sie ihre Forderungen: Nach unserer Einschätzung ist somit die dauernde Leistungsfähigkeit (der Stadtbverwaltung) nicht mehr gegeben und es besteht sofortiger Handlungsbedarf. Zumindest muss über die aktuelle Lage gesprochen werden und abgewogen werden, was wollen wir als Stadt: Wollen wir warten bis der Stadt von oben ein Haushaltssicherungskonzept gefordert wird – ggf. mit Kürzungs- oder Steuererhöhungsforderungen? Oder wollen wir solange wir noch können, ein eigenverantwortliches Haushaltssicherungskonzept aufstellen, wo wir als Stadt noch frei Prioritäten setzen können?
Der Bürgermeisterkandidat Patrick Kosiol kommentierte auf uhz-Nachfrage die derzeitige Situation wie folgt: Grundsätzlich ist das Vertrauensverhältnis zwischen der Mehrheit des Stadtrats und Herrn Reinz nicht mehr gegeben. Ich selbst stehe dafür dieses Verhältnis wieder herzustellen. Eine vertrauensvolle und ehrliche Zusammenarbeit aller Beteiligten, und dazu gehört der Bürgermeister und der Stadtrat, sind eine Grundvoraussetzung für eine positive Entwicklung der Stadt Bad Langensalza.
Der Amtsinhaber zeigt sich dagegen verwundert, warum nicht der Ältestenrat der Stadträte einberufen wurde, der für solche Streitigkeiten als Schlichtungsinstanz vorgesehen ist. Anstatt einen Sonderstadtrat zu fordern, obwohl schon eine Sitzung regulär anberaumt ist, hätten die Antragsteller ja ihrerseits Vorschläge machen können, wo sie künftig Einsparpotenzial im Haushalt sehen, sagte Reinz der uhz. Eine Haushaltssperre zu verhängen ohne konkrete Zahlen auf dem Tisch zu haben ist wenig zielführend. Er selbst sieht das größte Einsparpotenzial für die nächsten Jahre bei den Personalkosten. Wir sind die erste Stadtverwaltung in Thüringen, die ein digitales Rathaus im Standesamt und im Einwohnermeldeamt umsetzen wird. In den nächsten Jahren würden 27 Mitarbeiter der Verwaltung in den Ruhestand gehen, deren Stellen danach gestrichen würden. Reinz will in der Haushaltskrise die Bürger so wenig wie möglich belasten und lehnt beispielsweise eine Erhöhung der kommunalen Hebesätze ab. Bis Ende Mai wird es mit großer Wahrscheinlichkeit kein Haushaltsicherungskonzept der Verwaltung geben. Das zu erarbeiten brauche Zeit, müsse gut durchdacht sein und sei eine Aufgabe für den neuen Stadtrat, der Ende Mai von den Bad Langensalzaern gewählt wird, erläuterte der Bürgermeister.
Nun liegt es an der Kommunalaufsicht zu entscheiden, ob es noch einen Sonderstadtrat geben wird oder ob die Fragen der Haushaltskonsolidierung am 21. März in der regulären Sitzung diskutiert werden können. Doch auch zu diesem Zeitpunkt liegt der zu führenden Debatte kein belastbares Zahlenwerk zugrunde. Spannend wird die Sitzung allemal, denn der Wahlkampf in Bad Langensalza ist in vollem Gange und die Parteien und Bürgervereinigungen werben derzeit für ihre Listen zur Kommunalwahl. Und egal, wer danach im Stadtrat sitzen wird, sie oder er steht vor einer gewaltigen Herkulesaufgabe. Wie auch der neue oder alte Bürgermeister.
Eva Maria Wiegand
Autor: red
Patrick Kosiol 2.v.r.) wil mit Unterstützung von SPD/Grüne und DIE LINKE Bürgermeister von Bad Langensalza werden (Foto: oas)
Die Unterzeichner eines entsprechenden Antrags aus den Stadtratsfraktionen WIR/BLU, DIE LINKE und SPD/GRÜNE begründeten ihr Anliegen so: Es geht uns nicht darum Schuldige zu finden, Wahlkampf zu betreiben oder ähnliches, sondern einzig darum, dass uns unsere Stadt am Herzen liegt und wir Schaden von ihr abwenden wollen, wo wir können.
In einem gemeinsamen Presseauftritt forderten die Fraktionschefs aufgrund der prekären Haushaltslage der Stadt Bad Langensalza, die dringender Handlung bedarf einen vorläufigen Abschluss des Verwaltungshaushalts für 2023, in dessen Folge sie eine Haushaltssperre verhängen und eine Diskussion über die mögliche Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes anschieben möchten. Um diesen Maßnahmenplan Nachdruck zu verleihen, sollte Bürgermeister Matthias Reinz binnen 14 Tagen einen Sonderstadtrat für den vergangenen Montag einberufen.
Der aber verweigerte die Sitzung mit der Begründung, dass es noch keine belastbare Zahlen aus der Verwaltung gäbe, die als Diskussionsgrundlage dienen könnten. Der nächste Stadtrat sei für den 21. März geplant und vorher sähe das Stadtoberhaupt keinen Sinn in einer Haushaltsdiskussion. Reinz beruft sich in einem Schreiben an die Antragsteller auf den Paragraphen 80 der Thüringer Kommunalordnung, der in Absatz 2 regelt, dass die Jahresrechnung innerhalb von vier Monaten nach Abschluss des Haushaltsjahres aufzustellen und sodann dem Gemeinde- bzw. Stadtrat vorzulegen sei. Dieser Verpflichtung wolle der Bürgermeister nachkommen und führt dazu aus: Der vorgeschriebene Zeitraum ist verwaltungsseitig auch notwendig, um die Werte in aussagekräftiger Form bereitstellen zu können. Unter anderem sind alle offenen Forderungen zu prüfen und gegebenenfalls sind Bereinigungen zu buchen; alle offenen Verwahrungen zu prüfen, fehlende Belege anzufordern und Nach- sowie Korrekturbuchungen vorzunehmen. Mit anderen Worten: vor Ende April gibt es keine verlässliche Auskunft.
Die neue starke Stadtratsfraktion aus den Abgeordneten der Bürgerlisten WIR und BLU wittert in dieser Begründung einen Wahkampftrick des Bürgermeisters, zumal sie sich in einer möglichen Stadtratsabstimmung der Unterstützung der Fraktionen SPD/Grüne und Die Linke sicher sein kann und sich mit deutlicher Mehrheit durchsetzen wird. Alle vier Fraktionen gemeinsam wollen im Mai zur Bürgermeisterwahl den BLU-Chef Patrick Kosiol gern als Nachfolger von Matthias Reinz etablieren.
Während diese Seite dem Bürgermeister vorwirft, er wolle nur Zeit gewinnen, damit er im Wahlkampf vom Stadtparlament unkontrolliert Geschenke verteilen könne, fürchtet der Bürgermeister, dass ihm finanzielle Handschellen angelegt werden sollen und rechnet den Antragstellern vor, dass eine Stadtratssitzung summa summarum 3.600 Euro koste. Auch dies sind vermeidbare Kosten, die auf den Prüfstand zu stellen sind bei der Abwägung zwischen Sparsamkeit und der Notwendigkeit zur Einberufung von Sondersitzungen, schreibt Reinz in seiner Ablehnung.
Die Fraktionsvorsitzenden und ihre Unterstützer wollten das aber so nicht hinnehmen und reichten Beschwerde bei der Kommunalaufsicht gegen diese Entscheidung ein. Bis heute hatte die Stadtverwaltung nun Gelegenheit, eine Stellungnahme bei der im Landratsamt angesiedelten Behörde abzugeben. Die Beschwerdeführer hatten schon in ihrem Antrag zur Sondersitzung unmissverständlich formuliert: Ein Aufschub der Sitzung aus jedwedem Grund ist nicht hinnehmbar. In der Pressekonferenz am Montagabend wiederholten sie ihre Forderungen: Nach unserer Einschätzung ist somit die dauernde Leistungsfähigkeit (der Stadtbverwaltung) nicht mehr gegeben und es besteht sofortiger Handlungsbedarf. Zumindest muss über die aktuelle Lage gesprochen werden und abgewogen werden, was wollen wir als Stadt: Wollen wir warten bis der Stadt von oben ein Haushaltssicherungskonzept gefordert wird – ggf. mit Kürzungs- oder Steuererhöhungsforderungen? Oder wollen wir solange wir noch können, ein eigenverantwortliches Haushaltssicherungskonzept aufstellen, wo wir als Stadt noch frei Prioritäten setzen können?
Der Bürgermeisterkandidat Patrick Kosiol kommentierte auf uhz-Nachfrage die derzeitige Situation wie folgt: Grundsätzlich ist das Vertrauensverhältnis zwischen der Mehrheit des Stadtrats und Herrn Reinz nicht mehr gegeben. Ich selbst stehe dafür dieses Verhältnis wieder herzustellen. Eine vertrauensvolle und ehrliche Zusammenarbeit aller Beteiligten, und dazu gehört der Bürgermeister und der Stadtrat, sind eine Grundvoraussetzung für eine positive Entwicklung der Stadt Bad Langensalza.
Der Amtsinhaber zeigt sich dagegen verwundert, warum nicht der Ältestenrat der Stadträte einberufen wurde, der für solche Streitigkeiten als Schlichtungsinstanz vorgesehen ist. Anstatt einen Sonderstadtrat zu fordern, obwohl schon eine Sitzung regulär anberaumt ist, hätten die Antragsteller ja ihrerseits Vorschläge machen können, wo sie künftig Einsparpotenzial im Haushalt sehen, sagte Reinz der uhz. Eine Haushaltssperre zu verhängen ohne konkrete Zahlen auf dem Tisch zu haben ist wenig zielführend. Er selbst sieht das größte Einsparpotenzial für die nächsten Jahre bei den Personalkosten. Wir sind die erste Stadtverwaltung in Thüringen, die ein digitales Rathaus im Standesamt und im Einwohnermeldeamt umsetzen wird. In den nächsten Jahren würden 27 Mitarbeiter der Verwaltung in den Ruhestand gehen, deren Stellen danach gestrichen würden. Reinz will in der Haushaltskrise die Bürger so wenig wie möglich belasten und lehnt beispielsweise eine Erhöhung der kommunalen Hebesätze ab. Bis Ende Mai wird es mit großer Wahrscheinlichkeit kein Haushaltsicherungskonzept der Verwaltung geben. Das zu erarbeiten brauche Zeit, müsse gut durchdacht sein und sei eine Aufgabe für den neuen Stadtrat, der Ende Mai von den Bad Langensalzaern gewählt wird, erläuterte der Bürgermeister.
Nun liegt es an der Kommunalaufsicht zu entscheiden, ob es noch einen Sonderstadtrat geben wird oder ob die Fragen der Haushaltskonsolidierung am 21. März in der regulären Sitzung diskutiert werden können. Doch auch zu diesem Zeitpunkt liegt der zu führenden Debatte kein belastbares Zahlenwerk zugrunde. Spannend wird die Sitzung allemal, denn der Wahlkampf in Bad Langensalza ist in vollem Gange und die Parteien und Bürgervereinigungen werben derzeit für ihre Listen zur Kommunalwahl. Und egal, wer danach im Stadtrat sitzen wird, sie oder er steht vor einer gewaltigen Herkulesaufgabe. Wie auch der neue oder alte Bürgermeister.
Eva Maria Wiegand
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